Freiberufler vs. Gewerbetreibender – was steckt dahinter?

Stress vs. Geduld im FreiberuflerInnen-Business

Wenn Sie beschließen, zukünftig Ihr eigener Chef zu sein und selbstständig tätig zu werden, bieten sich Ihnen für diesen Weg verschiedene Möglichkeiten. Der gängigste Weg ist wohl die Anmeldung eines Gewerbes. Manche Berufe bieten allerdings auch die Option, als Freiberufler zu arbeiten. Wo liegen hier die Unterschiede? Was sind mögliche Vor- als auch Nachteile einer Freiberuflichkeit und eines Gewerbes? Diese Fragen sollen möchte ich Ihnen in diesem Beitrag beantworten.

So unterscheiden sich Freiberuflichkeit und Gewerbe

Wenn Sie sich selbstständig machen möchten, stellt sich als erstes die Frage, in welcher Form Sie dies offiziell tun werden. Entspricht Ihre Tätigkeit der eines freien Berufes oder der eines Gewerbetreibenden? Die Abgrenzung ist nicht immer ganz einfach.

Unsere Gesetze in Deutschland bieten für die Unterscheidung zwischen einem Freiberufler und einem Gewerbetreibenden 2 Paragraphen, die bei der Abgrenzung helfen.

Unser Whitepaper zu den Eigenschaften von Rechtsformen für Selbstständige

Tabelle: Eigenschaften von Rechtsformen für Selbstständige

In diesem Download erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten Rechtsformen.

Unsere deutschen Gesetzesgrundlagen: §18 EStG und §1 PartGG

Der §18 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) führt alle freiberuflichen Tätigkeiten in einem Katalog auf. Sollte Ihre Tätigkeit unter einen dieser sogenannten Katalogberufe fallen, so können Sie sich als Freiberufler anmelden:

  • Heilberufe
    • z. B. Ärzte, Heilpraktiker, Hebammen, Diplom-Psychologen
  • Steuer-, wirtschafts- und rechtsberatende Berufe
    • z. B. Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratende Betriebs- und Volkswirte
  • Technische und naturwissenschaftliche Berufe
    • z. B. Wissenschaftler, Ingenieure, Architekten
  • Kulturberufe und informationsvermittelnde Berufe
    • z. B. Journalisten, Schriftsteller, Dolmetscher, Lehrer, Erzieher, Künstler
  • Ähnliche Berufe (hierunter fallen einige der „neuen“ Berufe, wie beispielsweise IT-Berater, die noch nicht klar definiert sind. In diesen Fällen entscheidet letztlich das Finanzamt im Einzelfall darüber, ob es sich der Tätigkeit nach um einen freien Beruf handelt oder nicht).

Was ist überhaupt ein freier Beruf?

Anhand dieses Gesetzes wissen Sie nun, ob Ihr Beruf im Falle einer Selbstständigkeit unter die Kategorie der freien Berufe fällt. Doch was genau definiert einen freien Beruf? Diese Frage klärt §1 des Gesetzes über Partnergesellschaften von Angehörigen freier Berufe. Demnach gilt unter §1.2 folgende Definition:

„Die Freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt“.

Freiberufler sind Dienstleister

Kurz bedeutet das, dass Freiberufler in der Regel weder Waren produzieren noch am freien Handel teilnehmen. Stattdessen bieten sie ausschließlich Dienstleistungen an. Mit der „beruflichen Qualifikation“ ist ein Hochschulabschluss oder eine außerordentliche künstlerische Begabung gemeint.

Finden Sie sich innerhalb dieser Gesetzlichkeiten wieder, so können Sie davon ausgehen, dass Ihre Tätigkeit als freiberufliche Tätigkeit eingestuft wird. Ist dies nicht der Fall, so werden Sie höchstwahrscheinlich als Gewerbetreibender aufgefasst. Die endgültige Entscheidung trifft das Finanzamt bei der Anmeldung der Selbstständigkeit.

Gemischte Tätigkeit: Gleichzeitig Freiberufler und Gewerbetreibender?

Nun ist es allerdings nicht so als gäbe es nur entweder oder. Es ist durchaus möglich, gleichzeitig freiberuflich und gewerbetreibend tätig zu sein. Um das zu veranschaulichen, nehmen wir das Beispiel der Hebamme:

Sie kann neben ihrer freiberuflichen Dienstleistungs-Tätigkeit auch Einnahmen aus dem Verkauf von Zubehör verdienen. In diesem Fall können beide Bestandteile ihres täglichen Berufsalltags klar getrennt und nach den jeweiligen Regeln behandelt werden. Hier sollten Sie sich allerdings im Klaren darüber sein, dass die Umsetzung beider Formen einen enormen organisatorischen Mehraufwand mit sich bringt. Lohnen kann sich das aber auf jeden Fall.

So oder so: Es empfiehlt sich definitiv, einen Steuerberater zu Rate zu ziehen, der die Frage beantworten kann, ob der Output den Aufwand rechtfertigt.

Anmeldung, Steuern & Co.: Das sind die Vor- und Nachteile bei freien Berufen und Gewerbe

Sie wissen jetzt, wie die Begriffe des Freiberuflers und des Gewerbetreibendens getrennt werden. Doch wie unterscheiden sich diese Formen im Alltag und wie sehen die jeweiligen Vor- und Nachteile aus?

Gewerbetätigende belasten die Infrastruktur und zahlen dafür

Der wohl gravierendste Unterschied liegt bei der Gewerbesteuer. Während Gewerbetreibende dazu verpflichtet sind, Gewerbesteuer zu zahlen, sind Freiberufler davon befreit. Viele Fragen sich, warum der Freiberufler hier steuerlich anders behandelt wird. Im Fall der Gewerbesteuer verhält es sich so, dass diese Einnahmen in die Städte und Gemeinden fließen und diese das Geld wiederum für den Erhalt und Ausbau der ansässigen Infrastruktur nutzen.

Und genau hier liegt der Unterschied: Während davon ausgegangen wird, dass Gewerbebetriebe, wie beispielsweise aus der Industrie oder dem Handel, die Infrastruktur maßgeblich belasten, trifft dies auf die Freiberufler nicht zu. Ein IT-Berater fährt in der Regel nicht mit einem tonnenschweren LKW zu seinem Kunden. Aus diesem Grund wird von Freiberuflern keine Gewerbesteuer verlangt.

Freiberufler sparen auch bei der Anmeldung

Genau wie im Fall der Gewerbesteuer schneidet der freie Beruf im Vergleich zum Gewerbe besser ab, wenn es um die Anmeldung geht. Diese ist für einen künftigen Freiberufler vergleichsweise spielend leicht. Möchten Sie eine Freiberuflichkeit anmelden, so tun Sie dies lediglich bei Ihrem Finanzamt, indem Sie einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung ausfüllen. Stuft das Finanzamt Ihre Tätigkeit als Freien Beruf ein, sind Sie offiziell als Freiberufler gemeldet – fertig.

Anders verhält es sich bei der Gründung eines Gewerbes. Diese müssen Sie nämlich beim Gewerbeamt anmelden, was kostenpflichtig ist. Zum Thema Kosten ist hier zu beachten, dass Sie je nach Rechtsform außerdem noch einiges an Mindestkapital aufwenden müssen. Nach der Anmeldung informiert das Gewerbeamt das Finanzamt und die Berufsgenossenschaft über die Gewerbeanmeldung.

Unsere Tabelle zum Thema Freiberufler vs Gewerbetreibender

Tabelle: Freiberufler vs. Gewerbetreibende – Rechte & Pflichten im Vergleich

Selbstständigkeit funktioniert als Gewerbetreibender oder als Freiberufler. Die Rechte und Pflichten beider Gruppen in einer Tabelle gegenübergestellt.

Mehr organisatorischer Aufwand für Gewerbetreibende

Durch die Anmeldung eines Gewerbes gibt es für diese Gründer noch einiges zu beachten. Sobald Sie offiziell Gewerbetreibender sind, zahlen Sie nicht nur Gewerbesteuer, sondern unterliegen zudem der Gewerbeaufsicht, dem Gewerberecht, dem Handelsrecht, der Kammermitgliedschafts-Pflicht und der Buchführungspflicht. Freiberufler betrifft das alles nicht. Das Einzige, was das Finanzamt am Ende des Jahres von Angehörigen freier Berufe verlangt, ist eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR), und zwar unabhängig von der Höhe Ihres Gewinns.

Freiberufler haften mit dem Privatvermögen

Eine Regelung, die hier noch festgehalten werden muss, ist die Haftung. Freiberufler haften zu jedem Zeitpunkt mit Ihrem Privatvermögen. Das verhält sich für Gewerbetreibende zum Teil anders. Inhaber einer Kapitalgesellschaft haften nur beschränkt – nämlich in der Regel ausschließlich mit Ihrem Geschäftsvermögen. Im Ernstfall ist dieser Aspekt ein großer Vorteil eines Gewerbes.

Bin ich jetzt Freiberufler oder Gewerbetreibender?

Freiberufler und Gewerbetreibender – das sind Begriffe, die nicht jeder sofort klar trennen kann. Für eine klare Abgrenzung werden Gesetze herangezogen. Speziell für neue Berufe, wie zum Beispiel IT-Berater, lege ich Ihnen allerdings eine Beratung durch einen Steuerfachmann ans Herz, da die Definitionen hier noch nicht klar festgelegt sind.

Werden die Formen des Freiberuflers und des Gewerbetreibenden direkt miteinander verglichen, so konnten Sie bestimmt auf den ersten Blick eine Reihe von Vorteilen bei der Freiberuflichkeit ausgemacht werden.

Welche Form für Sie die Richtige ist, entscheidet in erster Linie das Finanzamt durch die Einordnung der Art Ihrer Tätigkeit. Auch wenn Sie demnach als Gewerbetreibender eingestuft werden, müssen Sie sich nicht ärgern – alle Regelungen, die nun für Sie gelten, sind mit Sicherheit sinnvoll und nicht festgelegt worden, um Sie zu benachteiligen.



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2 Kommentare zu "Freiberufler vs. Gewerbetreibender – was steckt dahinter?"

Frank Theissen - 5. März 2020 | 12:04

Wann gelten Freiberufler als Arbeitslos?

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