Semira Meier
6. Januar 2020

Arbeitslosenversicherung für Freiberufler

Arbeitslosenversicherung für Freiberufler

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie haben all Ihren Mut zusammengenommen und den Schritt von der Festanstellung in die Freiberuflichkeit gewagt und plötzlich ändert sich Ihre Auftragslage. Die Projektanfragen bleiben aus, Ihre Stammkunden wenden sich an andere Dienstleister und nach einiger Zeit ohne Besserung sehen Sie Ihre Existenz ernsthaft bedroht. Damit Sie im schlimmsten Fall nicht völlig mittellos dastehen, haben Sie die Möglichkeit eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abzuschließen. Da es hier, wie auch bei anderen Versicherungen, für Freiberufler einige Unterschiede zu Arbeitnehmern gibt, soll dieser Beitrag Ihnen einen Überblick über alles Wichtige in diesem Zusammenhang geben.

Aktuelle Entwicklung

Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) verdeutlicht: Freelancer neigen zum Risiko, wenn es um den Abschluss einer Arbeitslosenversicherung geht. Seit 2013 hat sich die Zahl der freiwillig versicherten Freelancer von rund 145.000 auf 74.000 im Jahr 2019 nahezu halbiert. Zusätzlich zeigt sich ein deutlicher Rückgang bei den neu abgeschlossenen Versicherungen. Während diese im Jahr 2013 noch rund 19.000 betrugen, sank die Zahl immer weiter und kam im Jahr 2019 auf knapp 3.000. Die befragten Freelancer gaben an, dass Ihnen die Versicherung zu teuer sei und sie diese nicht bräuchten, da ihre Freiberuflichkeit nicht scheitern würde.

Jan Wollenhaupt
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Voraussetzungen für Freiberufler

Wie bereits herauszulesen war, ist die Arbeitslosenversicherung für Freiberufler freiwillig. Entscheiden Sie sich für einen Schutz im Falle von Arbeitslosigkeit, so gibt es einiges zu beachten. Zuerst einmal müssen Sie mindestens eine der folgenden zwei Voraussetzungen erfüllen.

Vorausgegangene versichungspflichtige Beschäftigung

Um einen Anspruch auf die freiwillige Arbeitslosenversicherung zu haben, müssen Freiberufler innerhalb der 2 Jahre vor Beginn der Selbstständigkeit mindestens 12 Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein.

Dies kann beispielsweise als Arbeitnehmer, im Rahmen eines versicherungspflichtigen Krankengeldbezuges oder durch versicherungspflichtige Erziehungszeiten stattgefunden haben.

Die 12 Monate müssen dabei kein zusammenhängender Zeitraum gewesen sein, einzelne Versicherungszeiten können auch zusammengezählt werden. Auch Zeiten der freiwilligen Weiterversicherung können berücksichtigt werden.

Entgeltersatzleistung des Sozialgesetzbuchs III

Die andere Möglichkeit besteht darin, dass Sie unmittelbar vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit eine Entgeltersatzleistung des Sozialgesetzbuchs III (z. B. Arbeitslosengeld) erhalten haben bzw. zumindest einen Anspruch darauf hatten. Im Gegensatz zur oben genannten Voraussetzung, spielt die Bezugsdauer hier keine Rolle.

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Arbeitslosenversicherung als Freiberufler fristgerecht beantragen

Erfüllen Sie eine der beiden Voraussetzungen, können Sie als Freiberufler eine Arbeitslosenversicherung abschließen. Doch was müssen Sie dafür tun?

Zunächst müssen Sie unbedingt beachten, dass der Antrag innerhalb der ersten 3 Monate nach Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit gestellt werden muss. Ist diese Frist verstrichen, verlieren Sie Ihren Anspruch auf eine freiwillige Arbeitslosenversicherung.

Haben Sie auch dies beachtet, so stellen Sie den Antrag bei der Arbeitsagentur an Ihrem Wohnort. Hier müssen Sie noch einmal nachweisen, dass Sie tatsächlich Freiberufler sind, indem Sie eine Gewerbeanmeldung oder einen Bescheid Ihres Steuerberaters vorlegen, der aufzeigt, dass Sie mindestens 15 Stunden pro Woche eine selbstständige Tätigkeit ausüben.

Nicht möglich ist ein Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag in der Arbeitslosenversicherung, wenn Sie bereits anderweitig versicherungspflichtig sind (z.B. als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer, bei Kindererziehungszeiten oder Wehrpflicht) oder wenn Sie zu einem Personenkreis gehören, der grundsätzlich versicherungsfrei ist (z.B. Beamter, Richter, Soldat).



Beitragssätze zur Arbeitslosenversicherung für Freiberufler

Wenn Sie sich nun für eine freiwillige Arbeitslosenversicherung entschieden haben, die Voraussetzungen erfüllen und innerhalb der Frist den Antrag gestellt haben, dann sind ab nun monatliche Beiträge fällig. Die Höhe der Beiträge der Arbeitslosenversicherung richtet sich dabei nicht nach dem individuellen Einkommen, sondern nach dem Durchschnittseinkommen in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Für das Jahr 2020 liegt dies in Westdeutschland bei 3185€, in Ostdeutschland bei 3010€. Der konkret zu zahlende Beitragssatz liegt dann bei 2,4%. Für Freiberufler mit Wohnsitz in Westdeutschland bedeutet das demnach einen monatlichen Beitrag von 76,44€ und für Freiberufler, die in Ostdeutschland wohnhaft sind, eine Beitragshöhe von 72,24€. Diese Beitragssätze werden im Jahresrhythmus aktualisiert. Im Jahr 2019 wurden noch 2,5% auf eine Bezugsgröße von 3115€ (West) bzw. 2870€ (Ost) gerechnet.

Für Gründer gibt es an dieser Stelle eine interessante Sonderregelung: Ab dem Gründungszeitpunkt zahlen Sie für den Rest des aktuellen Kalenderjahres plus das Folgejahr lediglich die Hälfte des Beitrages (West: 38,22€; Ost: 36,12€ für das Jahr 2020).

Kündigung der Arbeitslosenversicherung für Freiberufler

Selbstverständlich sind Sie nicht dazu verpflichtet, Ihr Leben lang die sich jährlich veränderten Beiträge in eine Arbeitslosenversicherung zu zahlen. Sollten Sie sich dazu entscheiden, das Risiko einer Arbeitslosigkeit als vertretbar gering zu betrachten, können Sie Ihre Arbeitslosenversicherung kündigen. Offiziell ist dies aber erst 5 Jahre nach Eintritt in die Versicherung möglich – und zwar mit einer schriftlichen Kündigung mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende eines Kalendermonats.

So hoch sind Ihre Bezüge während der Arbeitslosigkeit

Arbeitslosenversicherung für Freiberufler: Mit diesen Bezügen können Sie rechnen.

Tritt nun der gefürchtete Moment ein und Sie müssen Ihre Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen, also Arbeitslosengeld beziehen, interessiert Sie natürlich, wie hoch dieses ausfällt. Für Selbstständige hängt die Höhe des Arbeitslosengeldes in erster Linie von Ihrem Ausbildungsgrad ab. Für das Jahr 2020 galt für Selbstständige der Steuerklasse III ohne Kinder folgendes:

  • Ohne Ausbildung: 917,40€
  • Mit abgeschlossener Berufsausbildung: 1177,50€
  • Fachschule oder Meister: 1405,50€
  • Hoch- oder Fachhochschulabschluss: 1624,50€

Bereits aus dieser Staffelung wird ersichtlich, dass sich der Abschluss einer Arbeitslosenversicherung umso mehr lohnt, je höher Ihr Abschluss ist.
Je nach Lebensalter und Umfang der Versicherungszeiten, die in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Arbeitslosigkeit liegen, variiert die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Bei einem Versicherungspflichtverhältnis von mindestens 12 Monaten haben Sie unabhängig vom Alter 6 Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld, bei 24 Monaten dann entsprechend 12. Für eine detaillierte Aufstellung der Richtlinien informieren Sie sich beispielsweise auf der Homepage der Agentur für Arbeit.

Eine andere Regelung betrifft Freiberufler, die innerhalb der letzten 2 Jahre vor der Arbeitslosigkeit ein Minimum von 150 zusammenhängenden Tagen Einkommen aus einer Festanstellung erhalten haben. In diesem Fall berechnen sich die Leistungen der Arbeitslosenversicherung prozentual nach dem damaligen Bruttolohn. Während der Bezugszeit können Sie außerdem bis zu 165€ pro Monat hinzuverdienen. Übersteigt Ihr Einkommen diese Höhe, wird die Differenz vom Arbeitslosengeld abgezogen.

Wie lange erhalte ich Arbeitslosengeld?

Wie lange Sie dann die obenstehenden Bezüge erhalten, hängt davon ab, wie lange in den vorherigen beiden Jahren in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Können Sie mindestens 12 Monate Beitragszahlungen nachweisen, so haben Sie Anspruch auf 6 Monate Arbeitslosengeld. Haben Sie sogar die vollen 24 Monate Beiträge an die Versicherung gezahlt, so können Sie ein Jahr lang Bezüge erhalten. Auch hier existiert wieder eine Sonderregelung, die sich diesmal am Alter orientiert. Sind Sie über 58 Jahre alt, können Sie nicht maximal ein Jahr, sondern bis zu 2 Jahre Arbeitslosengeld beanspruchen.

Um während dieser Zeit die oben genannten Bezüge zu erhalten, ist es ausschlaggebend, dass Sie nachweislich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und Eigenbemühungen zeigen, um die Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Dafür müssen Sie Ihre Selbstständigkeit nicht zwingend aufgeben, jedoch müssen Sie trotzdem jede zumutbare Beschäftigung annehmen, welche Ihnen die Arbeitsagentur vermittelt.

Die Entscheidung liegt bei Ihnen

Als Freiberufler können Sie unter gewissen Voraussetzungen freiwillig eine Arbeitslosenversicherung abschließen. Ob das Preis-Leistungs-Verhältnis für Sie lohnenswert ist, müssen Sie für sich selbst entscheiden. Die offiziellen Zahlen zeigen dabei, dass ein starker Rückgang der Selbstständigen, die freiwillig eine Arbeitslosenversicherung abschließen, zu verzeichnen ist.

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Im Jahr 2010 nutzten noch 8,1% aller Freiberufler diese Form der sozialen Absicherung. Drei Jahre später waren es noch 6,3% und weitere 4 Jahre später, im Jahr 2017, nur noch 3,5% aller Selbstständigen. Es wird vermutet, dass dieser Rückgang damit zusammenhängt, dass die Beiträge von 2010 auf 2011 zweimal verdoppelt, also insgesamt vervierfacht wurden. Die Beiträge stehen für viele Selbstständige nicht mehr im Verhältnis zu den Leistungen. Für diese Gruppen lohnt sich die freiwillige Arbeitslosenversicherung aufgrund der Regelungen objektiv betrachtet am ehesten:

  • Über 58 Jahre alt
  • Gerade erst selbstständig gemacht
  • Akademischer Abschluss
  • Existenzgründer

Trifft nichts oder nicht die Mehrzahl dieser Punkte auf Sie zu, ist es wahrscheinlich lohnenswerter, Ihre Zeit und Ihr Geld eher in die Auftragsakquise zu investieren, als in eine Arbeitslosenversicherung. Die Wahl liegt am Ende des Tages aber bei Ihnen.

Weitere Beiträge zum Thema Versicherung finden Sie hier, unter anderem für Ihre Altersversorge. Bei Fragen zu den Themen können Sie sich gerne bei uns melden.



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